Nachdem nun alle Teilnehmer von FBL 1912 die lizenzrelevanten Trainings erfolgreich absolviert und bestanden haben, war es endlich soweit: Die Lufthansa konnte die Flugbegleiterlizenz erteilen und alle frischgebackenen Flugbegleiter bekamen ihre “Flugbegleiterbescheiningung” ausgehändigt. Jetzt konnte es endlich losgehen mit der Fliegerei. Aber halt, da fehlt doch noch etwas? Vor dem ersten Flug an Bord stand noch das Service Training für die Economy Class auf dem Programm. Was wir gemeinsam während des Service Trainings erlebt haben, möchte ich euch nun in Form eines kleinen Tagebuchs über die sieben Tage im Service Training für die Economy Class schildern.
Tag 1: Dieser Tag ist ein ganz besonderer Tag: Vor einigen Wochen stand ja der Termin zur Uniformanprobe in der “Pillbox” im Kalender. Und heute war es soweit, der erste Tag im Service Training bedeutet gleichzeitig auch der erste Tag in der Lufthansa Uniform. Teilnehmer und Trainer treffen sich an diesem Tag in Uniform. Für die meisten der Teilnehmer war es auch das erste Mal im Leben, dass sie eine Uniform getragen haben. Den Tag haben wir auch genutzt, um offene Fragen zu Uniform, Haaren, Bart und Make-Up zu klären. Schließlich wollen ja alle schick aussehen. Gerüchteweise fühlt man sich an diesem Tag zum ersten Mal wie ein richtiger Flugbegleiter, obwohl es noch eine gute Woche dauert, bis es in die Luft geht. Allein der Weg ins LATC war an diesem Tag etwas Besonderes, man wird auf einmal ganz anders angeschaut in der S-Bahn als sonst. Neben der Uniform stand am Vormittag noch das Unternehmen Lufthansa mit seinen Markenwerten auf dem Trainingsplan. Außerdem haben wir uns noch über die verschiedenen Erwartungen an die neue Rolle als Flugbegleiter unterhalten. Denn ganz plötzlich befindet man sich als Flugbegleiter im Zentrum von ganz verschiedenen Erwartungen: Die Lufthansa, die Passagiere und auch die Kollegen haben ganz bestimmte Erwartungen an die Flugbegleiter. Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen von praktischem Training. Im LATC haben wir neben den Emergency-Simulatoren auch Service-Attrappen, in denen der Bordservice möglichst originalgetreu trainiert werden kann. Am ersten Tag haben wir uns ganz genau mit dem neuen Arbeitsplatz, der Galley beschäftigt und auch den ersten Flugzeugkaffee gekocht. Selbst Kaffeekochen will gelernt sein, denn das Flugzeug bewegt sich ja mit rund 850 km/h durch die Luft und niemand soll sich verbrühen. Neben dem Kaffee gab es aber noch viel mehr zu entdecken. Wir haben uns mit allen Trolleys und Service Units beschäftigt, die zur Standardausrüstung an Bord von Lufthansa Flugzeugen gehören. Die ganze Ausstattung konnte von den Teilnehmern angeschaut und ausprobiert werden.
Tag 2: Am Morgen von diesem Tag haben wir uns ganz genau den Ablauf eines Interkontfluges der Lufthansa angeschaut. Los geht es natürlich mit der selbständigen Flugvorbereitung zu Hause. Anschließend schauten wir uns an, was für Aufgaben alle auf der Lufthansa Basis erledigt werden müssen, gefolgt von dem eigentlichen Flug bis hin zur Ankunft am Zielflughafen und der Fahrt ins Crewhotel. Als nächstes stand gleich wieder praktisches Training an: Bis zur Mittagspause beschäftigten sich unsere Flugbegleiter nun mit allen Aspekten des Getränkeservice an Bord, vom Aperitif bis hin zum Digestif. Dabei kommt ein ganz besonderes Trainingskonzept zum Einsatz. Im LATC haben wir Hands-on-Räume mit verschiedenen Übungsstationen eingerichtet. In kleinen Teams beschäftigten sich die Teilnehmer mit jeder einzelnen Station. Beispielsweise gibt es eine Station zum Aufbau des Getränkewagens. An der Station ist ein QR-Code angebracht und über das Cabin Mobile Device können sich die Teilnehmer ein Tutorial über den Getränkewagen anschauen und anschließend den Aufbau praktisch üben. Am Nachmittag hatten wir dann noch zwei weitere wichtige Themen für den Flugbegleiteralltag genauer beleuchtet: Es ging um Freundlichkeit und Small Talk.
Tag 3: Am dritten Tag des Service Trainings standen zwei große Themen im Fokus. Aus diesem Grund wird der Kurs an diesem Tag auch in zwei Gruppen geteilt. Beide Gruppen haben das gleiche Programm, nur zu unterschiedlichen Zeiten. Für die eine Gruppe ging es am Vormittag um die richtige Vorbereitung der Mahlzeiten an Bord und um das korrekte Servieren und Abräumen der Tabletts unserer Gäste in der Kabine. Und so setzt sich dann an Tag drei der gesamte Economy Class Service Stück für Stück zusammen. Diesen Teil des Tages durften die Flugbegleiter wieder selbständig mit Hilfe ihrer CMDs und entsprechender QR-Codes gestalten. Zur gleichen Zeit beschäftigten sich die anderen Flugbegleiter mit schwierigen Situationen im Kundenkontakt oder kurz gesagt mit Beschwerdemanagement. Zuerst schauten wir uns in der Theorie an, wie man professionell und lösungsorientiert mit einer Passagierbeschwerde an Bord umgeht. Das neu gelernte Wissen konnten unsere Teilnehmer dann direkt anwenden. In verschiedenen alltäglichen Situationen simulierten wir in Form von Rollenspielen den Umgang mit den Anliegen der Passagiere. Dabei schlüpfen die Teilnehmer einmal in die Rolle des Flugbegleiters und das andere Mal in die Rolle eines unzufriedenen Passagiers. Die übrigen Flugbegleiter beobachten die Rollenspiele ganz genau und im Anschluss wurden die verschiedenen Situationen gemeinsam besprochen und Tipps ausgetauscht, wie man auch noch hätte vorgehen können.
Tag 4: Am Morgen dieses Tages wurde es gleich etwas hochprozentiger. Es stand nämlich Teil 1 der Weinkunde auf dem Trainingsplan. Los ging es mit einem kurzen Exkurs über die Weinherstellung. Im Anschluss daran stand dann Deutschland mit seinen Weinanbaugebieten und den verschiedenen deutschen Rebsorten im Fokus. Ebenfalls beschäftigten wir uns auch mit den Prädikatsstufen von deutschem Wein. Nun ging es natürlich auch um die passende Weinempfehlung an Bord. Anhand von unterschiedlichen Weinetiketten konnten wir zusammen üben, welche Informationen man von dem Weinetikett ablesen kann und wie man die Informationen für eine Weinempfehlung nutzen kann. Nach der Mittagspause war es dann soweit: Die erste Flugsimulation in der Economy-Attrappe des A340. Fünf Kursteilnehmer agieren in einer Übung als Crew, während die anderen Teilnehmer die Passagiere mimen. Vier Flugbegleiter arbeiten jeweils während einer Übung in der Kabine und ein Flugbegleiter übernimmt die Position des galleyverantwortlichen Flugbegleiters, oder auch Galleymaus genannt, und übernimmt die Küche. Während der ersten Serviceübung simulieren wir den ersten Service auf einem Flug in die USA. Die Simulation geht los mit dem Boarden der Gäste und endet mit dem Abschluss des ersten Service. Das Besondere an unseren Übungen ist, dass wir immer echtes Essen und Getränke haben. Das heißt alle Teilnehmer arbeiten mit den gleichen Produkten, wie auch an Bord. Alles darf probiert werden, außer natürlich Alkohol, denn Alkohol in Uniform und während der Arbeitszeit ist natürlich nicht gestattet. Die Teilnehmer, die während der Übung in die Rolle eines Passagiers schlüpfen, sind aber nicht einfach nur Gäste, sie beobachten die Crew während der Übung auch ganz genau. Denn nach der Übung erhält jedes Crewmitglied von einigen seiner Gäste ein individuelles Feedback, wie die Übung aus der Sicht des Passagiers gelaufen ist.
Tag 5: Nachdem wir gestern den ersten Service simuliert hatten, setzten wir heute unseren virtuellen Flug in die USA fort. Heute durften gleich zwei Crews ihr Können unter Beweis stellen. In der zweiten und dritten Flugsimulation wurden nämlich der so genannte Zwischenservice und der zweite Service simuliert. Einen Zwischenservice bieten wir immer auf besonders langen Interkontflügen an, die nicht durch die Nacht gehen, damit den Gästen die Zeit zwischen den beiden Serviceblöcken nicht zu lang wird. Rund zwei Stunden vor der Landung am jeweiligen Zielort servieren wir unseren Gästen noch mal eine Mahlzeit. Je nach Tageszeit bieten wir ein Frühstück oder Abendessen an. Und genau diese beiden Servicevarianten spielten wir während der zweiten und dritten Flugsimulation durch. Der Nachmittag stand dann unter dem Motto: “Alles rund um den Einsatzplan”. Da wir ja als Flugbegleiter nicht Montag bis Freitag jeweils von 9:00 Uhr – 17:00 Uhr arbeiten, sondern jeder von uns am Monatsende einen individuellen Einsatzplan für den nächsten Monat bekommt, ist es wichtig, diesen auch lesen zu können. Anhand von Beispielplänen besprachen wir im Lehrsaal, was die einzelnen Symbole im Einsatzplan bedeuten und wie der Einsatzplan überhaupt zu Stande kommt. Ein sehr wichtiges Thema, denn in Zukunft bestimmt der Einsatzplan ja das tägliche Leben der Flugbegleiter. Nach Ablauf der Probezeit können wir dann am Computer sogar Wünsche, so genannte Requests, eingeben und so unseren Dienstplan mitbestimmen.
Tag 6: Neben dem Service von Speisen und Getränken an Bord bieten wir unseren Gästen auch noch die Möglichkeit an, ein wenig über den Wolken zu shoppen. Es geht um den Bordverkauf. Während eines Interkontfluges können die Passagiere zollfrei Waren einkaufen. Von der klassischen Stange Zigaretten bis hin zu exklusiven Produkten, die nur die Lufthansa in ihrem Sortiment hat. Einerseits beschäftigten wir uns beim Thema Bordverkauf mit der korrekten technischen Durchführung des Bordverkaufs, andererseits ging es auch um eine ansprechende Darbietung unseres Angebotes und wie man ein erfolgreiches Verkaufsgespräch führt. Interessant ist für die neuen Flugbegleiter, dass sie auch selbst von dem Bordverkauf profitieren, denn jeder Bordverkäufer erhält für die Verkäufe an Bord eine Provision. Am Nachmittag stand dann noch einmal eine abschließende Flugsimulation auf dem Stundenplan. Diesmal ging es aber nicht in die USA, sondern wir wechselten die Richtung und es ging nach Japan. Während dieser Übung standen also die regionalen Streckenbesonderheiten während eines Japanflugs auf dem Programm. Neben einer “westlichen” Mahlzeit bieten wir auf diesen Flügen auch ein japanisches Tablett als Auswahl an.
Tag 7: Schneller als gedacht waren wir auch schon am letzten Tag des Economy Class Trainings angelangt. Heute Morgen ging es zunächst noch um die besonderen Herausforderungen der Tätigkeit als Flugbegleiter. Nicht jeder Dienstplan ist vielleicht, wie wir ihn uns gewünscht haben, und wir können den ein oder anderen privaten Termin nicht wahrnehmen. In dieser Kurseinheit ging es um die so genannte “innere Einstellung” und wie wir diese positiv halten können. Ein weiteres Thema an Tag 7 ist auch noch das so genannte “Layover”, also die Zeit, die wir als Crew am Zielort unsers Fluges verbringen. Da wir ja auch im Layover nicht ganz privat unterwegs sind, lohnt sich also ein etwas genauerer Blick auf die besonderen Herausforderungen eines Layovers. Jetzt blieb nur noch übrig, einige organisatorische Dinge rund um den ersten Flug, den so genannten “Familarization Flight” zu klären. Am Nachmittag bekam jeder Teilnehmer noch ein persönliches Feedback durch die Servicetrainer und eine Rückmeldung über die bisherige Ausbildung.
Dann war es soweit: FBL 1912 war bereit, um loszufliegen. Ich bin sehr gespannt, was mir unsere neuen Flugbegleiter über ihren ersten Flug mit Lufthansa berichten werden, wenn wir uns zum Business Class Training wiedersehen werden. Während ich diese Zeilen schreibe, ist FBL 1912 in der ganzen Welt unterwegs: Dallas, Addis Abeba, Nagoya, Chennai oder auch Bogota.
Was unsere neuen Kollegen auf ihren Flügen und im Business Class Training erlebt haben, erfahrt ihr im nächsten Kapitel. Wie immer habe ich die bisherigen Kapitel 1 -5 hier verlinkt:
– Die Flugbegleiterausbildung bei Lufthansa Teil 1: “Welcome to Lufthansa”
– Die Flugbegleiterausbildung bei Lufthansa Teil 2: “Blick hinter die Kulissen”
– Die Flugbegleiterausbildung bei Lufthansa Teil 3: “SEP-Training”
– Die Flugbegleiterausbildung bei Lufthansa Teil 4: “Erste Hilfe”
– Die Flugbegleiterausbildung bei Lufthansa Teil 5: “Crew Ressource Management”