Was haben AC/DC im Flugzeug zu suchen – Elektrotechnik an der European Flight Academy

Moin,

ich bin Marvin, und wer die bisherigen Blogeinträge verfolgt hat, der mag mich bereits kennen.

Heute darf ich euch ein weiteres Thema aus unserem Theorieunterricht vorstellen – Electrics. Als Unterkapitel der allgemeinen Flugzeugkunde und mit einem eher geringen Anteil an den amtlichen Prüfungen scheint einem dieses Thema zunächst weniger wichtig bis unbedeutend.

– Au Contraire!

Das Flugzeug gehört zu einer der fortschrittlichsten und komplexesten Maschinen, die der Mensch je entwickelt hat.

Nicht zuletzt das trägt dazu bei, dass sich der Pilot nicht nur als Teamplaner sondern auch als Systemmanager versteht. Wenn man das System Flugzeug betrachtet, steckt hinter den Instrumenten, die die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine bilden und bereits in Mischkas Blog näher beleuchtet wurden, ein weit verzweigtes Netz aus Elektronik und Software. Immer mehr wird der Flieger abhängig von Elektronischen Geräten, angefangen bei der Beleuchtung über Sensorik und RADAR-Technik bis hin zur Implementierung des Autopiloten.

Deswegen wird an der European Flight Academy besonders Wert auf dieses Thema gelegt.

Was macht ein Kondensator, wozu sind Schwingkreise bei der RADAR-Technik überhaupt gut oder wie lese ich vom Hersteller gegebene Schaltpläne, um die Systemstruktur und gegebenenfalls auftretende Fehler nachzuvollziehen. Wo kommt der Strom eigentlich her und wie sorge ich dafür, dass meine Geräte mit ausreichend Strom versorgt werden? Kann ich meine Systeme über andere Strom und Spannungsquellen betreiben und was hängt überhaupt an meiner Notfallversorgung? All das sind Themen, mit denen man sich im Unterricht auseinandersetzt, und nicht alles ist immer so trivial, wie es scheint; Generator ist nicht gleich Generator und auch einige Schalter können mehr als nur „AN-AUS“.

 

Toggle Switch/ Kippschalter
Toggle Switch/ Kippschalter
Simplified electrical circuit diagram 747-400
Simplified electrical circuit diagram 747-400

Wem es nicht ohnehin schon klar war, an Board eines Flugzeugs kann es entweder Gleichstrom- (DC) oder Wechselstromgeneratoren (AC) geben. Da in der Fliegerei Redundanz eine wichtige Rolle spielt, besitzen die meisten Flugzeuge zwei des entsprechenden Generatortypens. Und damit bringt jedes Netz seine eigenen Anforderungen mit sich. Zum Beispiel muss dafür gesorgt werden, dass DC-Generatoren im Parallelbetrieb die gleiche Spannung liefern. AC-Generatoren müssen zusätzlich konstant dieselbe Frequenz liefern. Erreicht wird das mit einem sogenannten „Constant Speed Drive“, der vor die Generatoren geschaltet wird, damit dieser mit konstanter Geschwindigkeit dreht und die gewünschte Frequenz liefert.

Neben diesen Parametern gibt es noch etliche weitere im gesamten System, die ständig überwacht werden müssen. Natürlichen kann die Crew nicht jeden Parameter einzeln überwachen, vieles übernimmt die Software und stellt die wichtigsten auf den Bildschirmen im Flugzeug dar. Doch auch der Computer muss die Informationen irgendwoher bekommen; dies geschieht über eine Vielzahl von Sensoren. Anstellwinkel, Temperatur oder Druckverhältnis in den Turbinen sind nur einige dieser Messwerte.

Bestandteil solcher Sensoren sind zum Beispiel temperaturempfindliche Widerstände, die über sogenannte Messbrücken verschaltet sind, mittels welcher das analoge Signal „Temperatur“ in eine Spannung umgewandelt, vom System interpretiert und später im Cockpit zur Anzeige gebracht wird.

Ein anderer Wichtiger Sensor ist der „Proximity Switch“. Eigentlich nichts weiter als eine Spule in einem Zylinder, der auf Metal reagiert, wenn es sich dem Sensor nähert. Und doch ist er unverzichtbar, denn er wird zum Beispiel dafür benutzt, um sicherzustellen, dass das Fahrwerk eingefahren und verriegelt ist, oder dient als „Weight On Wheels Switch“, um dem Flugzeug zu signalisieren, wann das Hauptfahrwerk aufsetzt.

Welche dieser Informationen den Piloten zur Verfügung stehen und wie sie präsentiert werden, ist äußerst wichtig, um eine Sichere Flugdurchführung zu gewährleisten. Im Fehlerfall oder beim Überschreiten bestimmter Grenzwerte muss entschieden werden, ob man auf alternative Systeme zurückgreift, oder ob man den Flug auch ohne entsprechende Geräte, Instrumente oder Sensoren durchführen kann und sie deshalb abschaltet.

Sensoren sind für die frühe Fehlererkennung und die Vermeidung von Zwischenfällen wichtig, genauso wie die sogenannten „Circuit Breaker“ – vergleichbar mit den Sicherungen im heimischen Sicherungskasten. Sie sorgen dafür, dass im Fall von Überströmen die meisten Systeme automatisch vom Netz getrennt werden. Auch hier gibt es die Möglichkeit den CB zu zurückzusetzen und die Verbindung zum Netz wieder herzustellen. Allerdings wird – sofern es nicht unentbehrlich ist – darauf verzichtet, da Überströme ein größeres Risiko bergen als ein abgeschaltetes Gerät.

 

Asynchronous Motor/ Asynchron Motor
Asynchronous Motor/ Asynchron Motor

Der Grundstein dafür wurde in der Theorie gelegt und wir freuen uns schon darauf, unser Wissen in der Praxis nicht nur an zuwenden sondern auch zu festigen.

Ich hoffe, Ihr konntet eine Idee davon gewinnen, was im Bereich Elektrotechnik so auf einen werdenden Piloten bei der EFA zukommt und dass die grundlegende Bedeutung des Themas für die Flugsicherheit deutlich geworden ist.

Bleibt gespannt auf die nächsten Einträge und bis bald.

Euer Marvin