Schon der Weg zu meinem Büro in Frankfurt unterscheidet sich in meinem zweiten Projekt vollkommen von meinem bisherigen in Hamburg. Statt entspannt mit dem Fahrrad über die Basis in Hamburg zu radeln, muss ich rechts und links nach Flugzeugen Ausschau halten, um nicht einem Schlepper in die Quere zu kommen. Weiter geht es vorbei an den zwei großen Hangars der Lufthansa Technik, in denen ein großes Kommen und Gehen der Flugzeuge herrscht.
Das waren die ersten Eindrücke meines zweiten Einsatzes im Rahmen des StartTechnik Trainee Programms. Meinen ersten Einsatz habe ich zuvor in der zentralen Innovations-Abteilung in Hamburg absolviert. Nun wollte ich jedoch die Möglichkeit nutzen, um näher am operativen Bereich mit Schnittstelle zum Flugbetrieb zu arbeiten. Dazu wechselte ich nach Frankfurt in die Produkt-Division Fleet Services. Hier unterstütze ich ein kleines, selbstorganisiertes und innovatives Team im Bereich Wartungskonzeptmanagement.
Mit Maintwise wurde im Frühjahr 2018 ein neuer Consulting Service für Airlines auf den Markt gebracht, der eine optimale Synchronisierung von Wartungsanforderungen und Flight Operations auf strategischer Ebene und mit langfristigem Planungshorizont ermöglicht. Dabei werden zahlreiche Daten wie beispielsweise das aktuelle Wartungsprogramm sowie der Flugplan gesammelt und mit den strategischen Zielen des Kunden in Verbindung gebracht. In der Folge wird ein auf dessen Bedürfnisse maßgeschneidertes Wartungskonzept entwickelt, welches die fälligen Wartungstasks bestmöglich paketiert und innerhalb des Wartungsnetzwerks verteilt. So lassen sich u.a. die Flugzeugverfügbarkeit erhöhen oder die Wartungskosten senken.
Die Produktidee basiert auf einem komplexen Optimierungsproblem: in der Line Maintenance müssen Wartungsereignisse und Reparaturaufgaben am Flieger in gewisser Regelmäßigkeit oder spätestens nach einer bestimmen Anzahl von Flugstunden durchgeführt werden, damit das Flugzeug flugtüchtig bleibt und somit weiterhin fliegen darf. Um effizient operieren zu können, möchten Airlines ihre Flugzeuge möglichst lange fliegen und möglichst wenig Zeit am Boden stehen lassen. Daher gilt es, die fälligen Wartungstasks optimal innerhalb des zulässigen Rahmens in die verfügbaren Bodenzeiten einzusortieren. Dabei muss neben der Anzahl der zur Verfügung stehenden Kapazitäten des Personals, deren Qualifikationen genauso beachtet werden, wie das benötigte Material und Werkzeug.

Das Team hat während der Arbeit mit Maintwise und in den Gesprächen mit Kunden zusätzliches Potenzial für ein weiteres Produkt aufgedeckt, dass sich mit der semi-automatischen Entscheidungsunterstützung in der Kurzfristplanung von Flugzeugwartungsevents beschäftigt – und hier komme ich ins Spiel. Nachdem das Team mit der Grundidee erfolgreich durch ein sogenanntes Boost-Camp gegangen ist (ein interner Workshop, um neue Produktideen zu entwickeln und zu prüfen) wurde ein Projekt gegründet, um die Produktentwicklung voranzutreiben und auf den Markt zu bringen. Das oben beschriebene Problem wird in der kurzfristigen Wartungsplanung zu einem noch komplexeren Puzzle mit vielen Restriktionen, das von den meisten Airlines in der täglichen Beplanung heute immer noch großteils per Hand gelöst wird. Vor besondere Herausforderungen werden die Planer durch viele kurzfristige Änderungen in dem erarbeiteten Plan gestellt: kommt ein Flieger später oder braucht ein Task länger, müssen gesamte Prozessketten verschoben und neue gültige Lösungen in kürzester Zeit erarbeitet werden, ohne deren zukünftigen Auswirkungen vollständig abschätzen zu können. Diese Problematik soll zukünftig gelöst und damit Prozesse beschleunigt und optimiert werden.
Mit unserem Team haben wir uns daraufhin darangemacht, eine algorithmus-basierte Lösung für dieses Problem zu entwickeln. Wir haben einerseits mit Mathematikern, Data Scientists und AI-Experten (Artificial Intelligence) gesprochen und uns anderseits Input und Feedback von Kunden und Planern der Lufthansa Technik eingeholt, die wertvolle, jahrelange Erfahrung in diesem Bereich haben. Darauf aufbauend haben wir Geschäftsmodelle, Use Cases und Pricing Modelle entwickelt. Ein absolutes Highlight für das ganze Team war der klickbare Dummy, den Frontendentwickler aus unseren Ideen und definierten Funktionen (bisher auf Papier oder in Powerpoint skizziert) erstellt haben. Während der gesamten Entwicklung haben wir den Kunden in den Mittelpunkt gestellt: wir haben seine Bedürfnisse und Wünsche er- und hinterfragt und in regelmäßigen Abständen Feedback zu unserem aktuellen Arbeitsstand eingeholt.
Zusammengearbeitet haben wir im agilen Projektmanagement mit wöchentlichen Sprints. So konnten wir innerhalb von wenigen Monaten bereits über ein konkretes MVP (minimum viable product) sprechen, das wir potenziellen Kunden vorgestellt haben. Wir wurden dabei von unterschiedlichen Coaches als Scrum Master oder von Experten mit Planning- und Pricing-Knowhow unterstützt, die auch Ratschläge oder Empfehlungen von bereits erfolgreichen Produktentwicklungen geben konnte. Die gesamte Entwicklung findet jedoch innerhalb unseres Teams statt, sodass ich Einblicke in alle involvierten Bereiche bekommen und selber meinen ersten externen Kundenkontakt pflegen konnte. Das Produkt ist jetzt in der Umsetzung und wird Teil des AVIATARs, einer digitalen und modularen Datenplattform der Lufthansa Technik, die verschiedene Lösungen für Aviation-Kunden anbietet.

Bei mir steht die nächste Station an, jedoch werde ich auch weiterhin genau verfolgen, wie es mit den Produkten weitergeht. Der Kontakt zu meinen Kollegen wird sowieso nicht abreißen. Als nächste Station geht es zum Corporate Sales nach Miami, um meine ersten Erfahrungen im Vertrieb weiter auszubauen!
Profile of StartTechnik Trainee
Laura Schwerdt hat Wirtschaftsingenieurwesen mit der Fachrichtung elektrische Energietechnik an der RWTH Aachen studiert. Während ihres Studiums absolvierte sie unter anderem ein Auslandssemester in Schweden und ein Praktikum beim staatlichen Netzbetreiber in China. Auf einer Berufsmesse wurde sie durch einen anderen Trainee auf das StartTechnik-Programm aufmerksam und war nach dem ersten Hangar-Besuch im Assesment-Center fasziniert von den Produkten und Dienstleistungen rund um das Thema Flugzeug. Ihren ersten Einsatz absolvierte sie in der zentralen Innovationsabteilung in Hamburg.