Hallo Zusammen und herzlich Willkommen bei meinem zweiten Blog-Beitrag. Ich bin Lukas und Dualer Student bei der Lufthansa Technik. Gemeinsam mit meinen Kommilitonen studiere ich in Bremen Luftfahrtsystemtechnik und -Management mit der Fachrichtung für Wartungsingenieure, in der Vorlesungszeit und den zwei Praxissemestern arbeiten wir in verschiedenen Abteilungen innerhalb der Lufthansa Technik.
In meinem aktuellen Einsatz dreht sich alles um Effizienz, Kreativität und neue Ideen. Für meine Zeit nach Manila habe ich beim Fuel Efficiency Team nachgefragt, ob sie meine Unterstützung gebrauchen könnten.
Für mich ist bei dieser Abteilung der große Anreiz, dass man hier sowohl innerhalb der Lufthansa Technik über viele Geschäftsbereiche hinweg Kontakte knüpfen kann, aber gleichzeitig auch viele Schnittstellen zu den verschieden Lufthansa Group Airlines hat. In dem Fuel Efficiency Team werden projektmäßig von der Lufthansa Technik aus Modifikationen, die zur Kraftstoffeffizienz am Flugzeug oder an Prozessen beitragen sollen, betreut und auch bewertet.
Aktuell werden zusätzlich zum Tagesgeschäft einige Forschungsprojekte mit Partneruniversitäten durchgeführt um die Nachweisbarkeit von Einsparmaßnahmen zu verbessern. Der Hintergrund hierfür ist, dass die aktuellen statistischen Auswertmethoden nicht ausreichen um eine Genauigkeit von < 1% zu erreichen. Bei einer weltweiten Treibstoffrechnung der Luftfahrtunternehmen von 133 Mrd. Euro wären auch Einsparungen in diesem Prozentbereich noch sehr viel Geld und zusätzlich könnte auch das Thema Umweltschutz und Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen weitergebracht werden.
Im Rahmen meiner Aufgabe beim Fuel Efficiency Team, eine Digitalisierungsstrategie zu entwickeln, habe ich mich näher mit einer Produktentwicklung für die Ergebnisse aus den Forschungsprojekten beschäftigt. Gemeinsam mit einem 6 köpfigen Team aus verschiedenen Bereichen der Lufthansa Technik wurden sich Gedanken gemacht, wo Kunden Probleme haben und wie diese Probleme gelöst werden können. Für die Neuentwicklung von Produkten hat die Lufthansa Technik einen vierstufigen Innovationsprozess:
- Ideation
- Acceleration
- Incubation
- Realization
Im Entwicklungsprozess war ich in der Acceleration Phase beteiligt. Hier ist das Ziel, ein Kundenproblem herauszuarbeiten und zu validieren, um dann ein Produkt zu entwickeln, dass in kürzester Zeit einen Mehrwert beim Kunden schafft. Also nicht ein mit Funktionen vollgepumptes Programm, dass nur von Experten benutzt werden kann, sondern ein einfaches Tool, das erste Probleme löst und dann kontinuierlich mit weiteren Funktionen erweitert werden kann.
Das Herzstück der Acceleration ist ein Boost Camp, in dem für mehrere Ideen gleichzeitig innerhalb einer Woche im Stil eines Start-Ups die Produktidee weiter verfeinert, mit Experten besprochen und gechallenged wird und am Ende eine Management-Entscheidung für Go oder No-Go für die nächste Phase beschlossen wird

Neben vielen Nachforschungen über Konkurrenzprodukte, Marktentwicklungen und Best Practies steht, wie bereits beschrieben, der Kunde mit seiner Problemstellung im Vordergrund der Acceleration Phase. Die Kunden des zu entwickelnden Produkts sind primär Airlines, beziehungsweise die Ops Efficiency & Analytics Manager der Airlines. Durch den 7to1 Ansatz, indem die verschiedenen Airlines und Service Gesellschaften der Lufthansa Group zusammenwachsen sollen, gibt es alle 2 Monate ein Fuel Efficiency Group Meeting, in dem sich ausgetauscht wird und Absprachen getroffen werden. Da das Fuel Efficiency Team der Lufthansa Technik Teil dieses Group Meetings ist, haben mein Betreuer und Ich angeregt, dort einen Workshop durchführen zu können. Für uns hat das glücklicherweise genau richtig in den Zeitplan gepasst und so sind wir gemeinsam mit dem Hauptverantwortlichen für den Produktentwicklungsprozess nach Wien gereist, um Probleme und mögliche Lösungsansätze zu besprechen.
Nach mehrwöchiger Vorbereitung, vielen Telefonaten und einem aufschlussreichen Meeting in Wien war es endlich so weit, das Boost Camp in Hamburg. Mitten im Schanzenviertel hat sich die Lufthansa Technik in den co-working-space „betahaus“ eingemietet um abgegrenzt vom Tagesgeschäft konzentriert zu arbeiten. Die Stimmung ist bei der Ankunft bereits hervorragend, aus einem bluetooth speaker läuft Musik, die Kleidung ist leger und überall stehen Trennwände bunt gespickt mit diversen Post-Its. Start-Up Feeling macht sich breit, mal quer denken, Konventionen außer Acht lassen, aber trotzdem konzentriert und effizient arbeiten.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wird einem das Tempo, in dem diese Woche gearbeitet werden soll schnell klar.
Das Team auf einen Stand heben: 15 Minuten.
Kritische Annahmen organisieren: 10 Minuten.
Mittbewerber aufschreiben und Analyseergebnisse zusammentragen: 10 Minuten.
In diesem Rhythmus geht es bis zum Mittagessen, nur unterbrochen durch das Ertönen eines Nebelhorns, das einen an die Zeitvorgabe erinnert. Nachmittags geht es im gleichen, hervorragend strukturierten System weiter. Die Wände füllen sich mehr und mehr mit Post-Its, doch es gibt keinen der ächzt und stöhnt, da die Atmosphäre und der Teamspirit einen nach vorne ziehen.
Zusätzlich zu den Teams der Lufthansa Technik wurden auch User Experience Designer eingeladen, die bei der Visualisierung von Problemstellungen und Lösungsansätzen unterstützen. Konkret für unser Produkt erstellt ein Webentwickler für unser Tool eine fiktive Seite auf der Digitalen Plattform – AVIATAR – der Lufthansa Technik. Dadurch kann nach kürzester Zeit ein „Klick-Dummy“ erstellt werden, der dem Kunden präsentiert werden kann. Am Abend festigt sich dann das Start-Up Feeling, als der Pizza-Lieferant seine Lieferung abgibt und mit einem Stück Pizza in der Hand kräftig weiter diskutiert wird.

Der Dienstag verläuft ähnlich wie der Montag, der Fokus liegt dabei auf dem Geschäftsmodell. Welcher Markt kann adressiert, wie kann Gewinn erzielt werden und wo sieht man Skalierungseffekte. Ebenso werden die Kundeninterviews für Mittwoch vorbereitet. Unser Designer zeigt uns jetzt bereits einen ersten Entwurf seiner Arbeit, wir sind begeistert und haben nur wenige Anmerkungen. Auch heute klingt der Tag mit einer Pizza aus.
Der Mittwoch ist vollgepackt mit Interviews von Experten und Kunden. Es gibt wertvolle Inputs zu den Themen Datenkommunikation, Intellectual Property und Vertragsrecht. Das Feedback zu unserem Vorhaben ist durchgehend positiv, die meisten Experten sind von der Idee begeistert und wären sehr froh, wenn unser Tool entwickelt werden könnte. Zusätzlich werden wir am Vormittag durch den Bereichsleiter der Product Devision Geschäftsentwicklung und Innovationen bezüglich unseres Geschäftsmodells gechallenged. Risiken werden abgefragt, Annahmen hinterfragt und einiges an Erfahrung ausgetauscht. Vollgepackt mit Informationen und dem Click-Dummy geht es dann zu den Kundeninterviews. Auch hier ist das Feedback durchweg positiv, „That’s clever, I like that.“ ist nur eine von vielen Aussagen. Dass Start-Up Feeling nicht nur entspannte Arbeitsweise und Pizza essen, sondern auch lange Arbeitstage bedeutet, wird uns an diesem Abend bewusst, als die Fülle an Interviews auch noch strukturiert zu Papier gebracht werden musste.
Am Donnerstag, vor allem am Nachmittag, steht dann die Pitchvorbereitung auf dem Plan. Die vorher entstandenen Informationen wurden in eine Präsentation gesteckt und derart ansprechend aufgearbeitet, dass im Anschluss das Management genügend Informationen für eine Entscheidung hat. Auch hier kommen wieder die Designer ins Spiel, die den ganzen Abend damit verbringen, die Problemstellung anhand einer Story zu visualisieren. Da am Donnerstagabend der Leiter unseres Teams in einem Kundeninterview sitzt, habe ich gemeinsam mit einem Praktikanten aus unserem Team einen Dry-Run vor den anderen Teams und den Coaches gehalten. Das Präsentieren vor den anderen Teams, das immer wieder zwischendurch stattfindet, ist eine hervorragende Übung um neuen Input zu erhalten. Jedes Mal werden konstruktive Ratschläge geben, Verständnissfragen gestellt, Zusammenhänge aufgezeigt, sowie Lob und Wünsche formuliert.

Nach dem langen Donnerstag werden am Freitag nur noch Details geklärt. Der Vortrag wird teamintern noch mehrmals geprobt und dann geht es in den Pitch vor dem Management. Die 5 köpfige Jury hat zunächst den Pitch vorgetragen und dann die Möglichkeit bekommen, genau wie die Teams vorher, Fragen, Lob und Wünsche anzubringen. Am Ende gibt es eine Bewertung und eine Entscheidung bezüglich Go oder No-go. Nach unserer Präsentation ist das Management begeistert: „Thats the best Idea I’ve ever seen.“ Und gibt ohne zu zögern das Go für die nächste Phase. Im Anschluss an die Pitches wird angestoßen und sich über die erfolgreiche Woche ausgetauscht. Detailinformationen mit dem Management geteilt und gefreut, dass es jetzt weiter geht.